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Borreliose: das Chamäleon der Medizin

Die Zahl der zeckenübertragenen Infektionskrankheiten wächst von Jahr zu Jahr. Neben der Frühsommer–Meningoenzephalitis (FSME), der Hirnhautentzündung, welche durch einen Virus ausgelöst wird, ist vor allem die Borreliose weit verbreitet. Gegen die FSME sind Impfungen auf dem Markt, die allen Personen, die mit Zecken in Kontakt kommen könnten (Waldspaziergänger, Jogger) sehr empfohlen wird.

Schwieriger ist es bei der Borreliose. Dieses Bakterium wird ebenfalls durch Zecken übertragen. In der Schweiz sind etwa 20% (!) der Zecken mit dem Borrelia Burgdorferi Bakterium befallen. Üblicherweise entsteht nach wenigen Tagen ein Hautausschlag, der von innen nach aussen wandert und charakteristisch am Rand stärker ausgeprägt ist. Dieser Hautausschlag wird medizinisch „Erythema migrans“ genannt. In diesem Stadium ist die Behandlung der Borreliose einfach: eine vierzehntägige Therapie mit einem Antibiotikum (am besten Doxycyclin oder Minocyclin) heilt die Erkrankung dauerhaft. Wenn man aber diese Behandlung verpasst oder der Hautausschlag nicht sehr auffällig war, kann nach Monaten und Jahren von Beschwerdefreiheit eines Tages plötzlich eine chronisch–persistierende Borreliose entstehen mit ganz unterschiedlichen Beschwerden. Die Beschwerden sind alle therapieresistent und häufig wird erst über Umwege die richtige Diagnose gestellt.

Die häufigsten Symptome bei chronischer Borreliose:

  • Starke Tagemüdigkeit und Erschöpfung

  • Springende Gelenk– und Muskelschmerzen

  • Nackenverspannungen

  • Kurzzeitgedächtnis– und Konzentrationsstörungen

  • Neu auftretende Alkoholunverträglichkeit

  • Schlafstörungen

  • Depressive Verstimmungen

  • Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit

  • Kopfschmerzen

Es sind aber auch sehr viele andere Beschwerden möglich. Nicht umsonst nennt man die Borreliose das Chamäleon der Medizin. Die mögliche Symptomenliste ist ellenlang und soll hier nur zur Veranschaulichung dargestellt werden. Prinzipiell sollte bei all diesen Beschwerden zuerst nach andern Ursachen gesucht werden. Erst bei Therapieresistenz und einer entsprechenden Zeckenexposition und positiven Borrelientitern im Blut kann an eine chronische Borreliose gedacht werden!

Die Übertragung der Borrelieninfektion auf den Menschen geschieht nur durch die Weibchen und vor allem durch kleinen Zeckennymphen. Die Diagnose einer chronischen Borreliose wird in erster Linie durch die Anamnese und die klinische Symptomatik gestellt. Die gängigen Blut-untersuchungen (IgG und IgM) zeigen, ob irgendeinmal ein Kontakt mit Borrelien stattgefunden hat, sagen aber nichts aus über den Aktivitätsgrad. Dieser kann noch am ehesten mit einer speziellen Blutuntersuchung (Lymphocytentransformationstest/LTT oder Elispot) nachgewiesen werden. Die Infektionsspezialisten streiten sich über die Brauchbarkeit dieses Tests, für mich ist er in der Beurteilung des einzelnen Falles schon vielmals sehr hilfreich gewesen.

Im Körper bilden die Borrelien bald sogenannte Persisterformen (Cysten, Biofilme), die das Überleben der Bakterien begünstigen und die sich an allen Organen und Geweben (vor allem an Orten mit wenig Sauerstoffversorgung) einnisten können. Das Immunsystem und weitere bereits vorhandene Belastungsfaktoren bestimmen den Krankheitsverlauf – die Behandlung muss darum immer individuell angepasst werden.
Eine Antibiotikatherapie muss sowohl gegen die Bakterien als auch gegen die Persisterformen wirken. Dazu werden in der Regel mindestens zwei verschiedene Antibiotika benötigt. Für die chronisch–persisitierende Borreliose sind Minocyclin, Tinidazol (Fasigyn) und Hydrochloroquin (Plaquenil) die Mittel der Wahl. Die Mindesttherapiedauer beträgt 4 Wochen, häufig müssen die Patienten die Medikamente mehrere Monate einnehmen. Die Behandlung kann mit pflanzlichen Mittel unterstützt werden (Samento, Banderol, Dipsacus). Mit einer LTT-Blutuntersuchung muss unbedingt kontrolliert werden, ob die Therapie erfolgreich war.


Neuerdings hat sich erfreulicherweise eine andere Behandlungsform als äusserst effektiv in der Behandlung der chronischen Borreliose erwiesen. Mit der IHHT (Intervall-Hypoxie-Hyperoxietherapie) konnte Dr. Löffler aus Berlin bei über 20 Patienten eine Symptomfreiheit und einen negativen LTT erzielen. Dabei wird ein Hyperoxie-orientiertes Protokoll verwendet. Die Borrellien haben nach neuer Literatur nur eine geringe Kapazität sich gegen reaktive Sauerstoffverbindungen zu schützen. Dies ist wahrscheinlich auch ein Grund, warum sie sich in die Körperkompartimente mit dem geringsten Sauerstoff-Partialdruck «zurückziehen». Die IHHT–Behandlung wird mit anderen Therapien  (hochdosierte Vitamin–C Infusionen) ergänzt. Die Erfolge sprechen für sich. Für uns ist darum die IHHT als Behandlung der chronischen Borreliose absolut erste Wahl.

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